Liebesgrüße aus Laos

Laos

Aus dem Englischen übersetzt von Walther Schütz

Als ich ein Teenager war, hatte ich längere Zeit einen Gitarrenlehrer. Zu einem guten Gitarris­ten brachte ich es nie, aber er war mein bester Lehrer. Er liebte Jazz, hasste Rock’n Roll, und ich war mit dreizehn nicht besonders scharf auf Jazz. Aber außerdem war er ein überzeugter Kommunist – etwas recht Seltenes in Deutschland. Und er sprach unaufhörlich davon, wieviel besser kommunistische Länder seien als kapitalistische. Natürlich bekam ich, wenn ich zu Hau­se das Fernsehen einschaltete, genügend Belege dafür mit, dass dies nicht so war; dass viel­mehr die Kommunisten Menschen unterdrückten und die Weltherrschaft über­nehmen woll­ten. Der Westen hatte gerade den Indochinakrieg verloren, der die armen Men­schen dort vor der Roten Flut hätte retten sollen. Mist!

Nun, ich habe keine Ahnung, was aus meinem Gitarrenlehrer geworden ist. Nicht viel vermut­lich, da man derartigen Leuten in Deutschland nicht sehr wohlgesinnt ist.

Aber ich habe gerade einen Monat in Laos verbracht, einem jener gefürchteten Kommunisten­länder, das die USA mit Bombenteppichen belegten, um zugleich Hilfe und schwere Waffen zu bringen.

Die USA verloren den Krieg gegen Bauern, die die Trümmer aus dem Krieg heute als Zaun­pfähle, Flussfähren und Markierungszeichen für Blumenbeete benutzen. Aber natürlich ist damit die Geschichte nicht zu Ende.

Diejenigen Laoten, die den Sieg der Kommunisten nicht mitgenießen wollten, flohen 1975 entweder nach Thailand oder wurden in Umerziehungslager gesteckt. Nach allem, was man weiß, geschah das nicht mit der gleichen Rigorosität wie der Aufbau des Khmer Rouge-Staates im benachbarten Kambodscha; nichtsdestoweniger kam es auch in Laos zu einer Gehirnwä­sche. Bis heute. Es gibt hier keine Redefreiheit; keine Zeitungen, die etwas Kritisches über die Regierung schreiben. Aber es gibt auch nicht viel Opposition dagegen. Bis zu 50 Prozent der Dörfer im Land haben überhaupt keinen Kontakt zur Regierung. Es gibt keine Straßen, keine Kommunikationsmöglichkeiten, kein alle erfassendes Steuersystem. Der Umstand, dass die kommunistische Führung keine ernsthaften Anstalten machte, das Land zu öffnen, hat bis jetzt die Laoten vor jener Produktionsflut bewahrt, die wir Globalisierung nennen. Dafür gibt es auf der anderen Seite auch nicht genug Schulen, so dass die Menschen nicht Englisch lernen kön­nen – was sie in die Lage versetzen würde, viel schneller auch selbst Konsumenten zu werden -, und es gibt keine Krankenhäuser. Aber vielleicht sind sich die Laoten, die sich für neue Ent­wicklungen Zeit lassen, völlig im Klaren über die große, schlimme Welt da draußen vor ihrer Haustür.

Das zweitgrößte ausländische Hilfsprogramm für Laos leisten (nach Thailand) … raten Sie mal, wer? Die gleichen Menschenfreunde, die so gerne ihre Bomben auf wehrlose Bauernstaaten fal­len lassen im Namen von Freiheit und Demokratie.

Dies alles ist seit den Siebzigern des vorigen Jahrhunderts anders geworden, und gegenwärtig wachsen Villen für reiche Beschäftigte der NGOs, der UN und so weiter in Vientiane aus dem Boden, dicht neben den alten, aristokratischen Holzpalästen, deren alte, aristokratische Eigen­tümer, früher einmal Dauerkartenbesitzer für Umerziehungslager, rege dabei sind, im Laos der Post-Peristroika ih­ren persönlichen Schnitt zu machen, selbstver­ständlich in Zusammenarbeit mit der kommunisti­schen Regierung. Sie wollen sicher gehen, dass ihre Villen dort bleiben, wo sie sein sollten, nämlich in ihren eigenen Händen, und das mit der CIA, den UN oder irgend­welchen anderen Hilfsorganisationen als ihren Nachbarn. Und die Regierung hat die Schleusen des Tourismus geöffnet, der Laos einen weiteren kleinen Schritt näher daran bringen wird, sich die Globalisie­rung ins Land zu holen. Das sollte gegebenenfalls einen Gesamtaus­verkauf ver­hältnismäßig glatt über die Bühne gehen lassen. Jeder wird reich werden. Nur nicht die Armen.

Was würde mein alter Gitarrenlehrer in Deutschland sagen, wenn man den Armen nimmt, was sie nicht haben, und den Reichen gibt, was sie nicht brauchen?

Aber, wie gesagt, die Zeiten haben sich geändert. Wir leben heute in einer besseren Welt. Die USA bombardieren keine kleinen Länder aus wirtschaftspolitischen Gründen mehr. Der Friede ist global geworden. Vor allem gegenwärtig in Laos.

Aber natürlich ist die Geschichte damit nicht zu Ende.

pancake

Dieser Text wurde ursprünglich in Beyond the Pancake Trench – Road Tales from the Wild East veröffentlicht.

1 thought on “Liebesgrüße aus Laos

  1. Diese Geschichte ist sicher noch nicht zu Ende, unsere Gruppe kämpft immer noch gegen diese korrupten Kommunisten !!!

Leave a Reply